Diagnostik

  • Rechenstörungen kommen in der Praxis in unterschiedlichen Erscheinungsformen vor,denen jeweils unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen können.

    Rechenstörungen gehören zu den Teilleistungsschwächen.
    Teilleistungsschwächen sind Leistungsminderungen einzelner Faktoren oder Glieder innerhalb eines größeren funktionellen Systems, das zur Bewältigung einer bestimmten komplexen Anpassungsaufgabe erforderlich ist.
     Je nach Lokalisation, Funktion und Anforderung wirken sich Ausfälle eines bestimmten Elementes unterschiedlich aus. Betroffen sein können Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Erregungsausgleich, Aktivitätskontrolle und motorische Koordination.
    Als Beispiele seien hier genannt die Anpassungsfähigkeit und die Ausdauer der Aufmerksamkeit sowie die Unterscheidungsgenauigkeit und die Unterscheidungsgeschwindigkeit in den einzelnen Wahrnehmungsbereichen.

    Im Vordergrund steht dabei der neuropsychologische Aspekt. Rechenstörungen, die eine emotionale Ursache haben, werden möglicherweise ähnliche Erscheinungsformen zeigen, sollten aber anders behandelt werden.
    Diagnose und Therapie müssen jedoch immer besonders aufmerksam auch die interpersonalen und die systemischen Bereiche des Kindes berücksichtigen.
    Der enge Zusammenhang zwischen diesen beiden Formen der Beeinträchtigung des mathematischen Denkens macht eine genaue Abgrenzung zwischen Teilleistungsschwächen und emotionalen Störungen recht schwierig, zumal sie sich häufig wechselseitig bedingen.

    Weil Teilleistungsschwächen oft miteinander verbunden sind, ist es auch bei der Dyskalkuliediagnostik notwendig,
    alle Entwicklungsbereiche zu überprüfen.

    In der Anamnese wird Hinweisen auf den verspäteten Erwerb von Kenntnissen nachgegangen, die für das Erlernen schulische
    r Fertigkeiten und auch allgemein für das Lernen und Behalten notwendig sind.
  • Informationen der Schule: Die Rechenleistungen des Kindes werden durch die Lehrkräfte als besonders schwach beurteilt.
  • Ergebnisse in standardisierten Leistungsverfahren
    Deutlich unterdurchschnittliches Ergebnis im Arbeitsgedächtnis (Zahlen nachsprechen, Buchstaben-Zahlen-Folgen, Rechnerisches Denken) in einem standardisierten Leistungsverfahren (z.B. HAWIK-IV).
    Keine altersentsprechende Entwicklungsstufe im Arithmetikprofil.
    Untersuchung auf Teilleistungsschwächen.
  • Genaue Beobachtung und Befragung zu Denkstrategien und Problemlösestrategien
  • Abgrenzung von primären Aufmerksamkeitsstörungen
  • Abgrenzung von emotionalen Störungen
  • Dokumentation von sekundären Auswirkungen der Teilleistungsstörung
  • Dokumentation von subjektiven Algorithmen (selbstkonstruierten Rechenstrategien)
  • Überprüfung alltagsimmanenter Korrelate (Uhrzeiten, Zeiteinheiten, Maßzahlen, Gewichte)
  • Umgang mit Textaufgaben (Sinnerfassung und notwendige Hilfen beim Lesen)
  • Welche Testverfahren gibt es?

    Individualtests zur Untersuchung der kognitiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
    im Alter von 6 Jahren bis 16 Jahren und 11 Monaten (in der Regel HAWIK-IV)

    Testverfahren zur Ermittlung der allgemeinen Lern- und Leistungsfähigkeiten (Kaufman-ABC)

    Schulleistungstests und normierte Testverfahren zur Diagnostik von Störungen des Rechnens und der Zahlenverarbeitung:
    Arithmetikprofil (1986) Hendrik Radatz/Ursula Chaudhuri
    0 + 1 = 1 + 1 (2004) Reimer Kornmann & Hans-J. Wagner: Ein Verfahren zur Fehleranalyse von zweigliedrigen Additionsaufgaben im Zahlenraum 0 bis 20 mit Ergebnissen ab 10
    DEMAT-Reihe: Mathematiktests für die Klassenstufen 1 bis 4 aus der Reihe Deutsche Schultests Hrsg.: Hasselhorn, Marx, Schneider)
    DEMAT 1+ (2002) Kristin Krajewski, Petra Küspert, Wolfgang Schneider: Deutscher Mathematiktest für erste Klassen
    DEMAT 2+ (2004) Kristin Krajewski, Susann Liehm, Wolfgang Schneider: Deutscher Mathematiktest für zweite Klassen
    DEMAT 3+ (2004) Thorsten Roick, Dietmar Gölitz, Marcus Hasselhorn: Deutscher Mathematiktest für dritte Klassen
    DEMAT 4 (2006) Dietmar Gölitz, Thorsten Roick, Marcus Hasselhorn: Deutscher Mathematiktest für vierte Klassen
    DEMAT 5 (2009 in Vorbereitung)
    DEMAT 6 (2009 in Vorbereitung)
    HRT 1-4 (2005) Johann Haffner, Karin Baro, Peter Parzer, Franz Resch, C. Langner: Heidelberger Rechentest. Erfassung mathematischer Basikompetenzen im Grundschulalter
    TeDDy-PC (2009) Ulrich Schroeders, Wolfgang Schneider. Computer-Test zur Diagnose von Dyskalkulie
    DIRG ((2009 in Vorbereitung) Diagnostisches Inventar zu Rechenfertigkeiten im Grundschulalter
    KR 3-4 (2009 in Vorbereitung) Kettenrechner für dritte und vierte Klassen nach Roick, Gölitz, Hasselhorn
    OTZ (2001) Osnabrücker Test zur Zahlbegriffsentwicklung nach van Luit, Rijt &Hasemann für Kinder zwischen 4.6 und 7.6 Jahren
    ZAREKI-K (2009) Michael G. von Aster, M.W. Bzufka, Ralf Horn:
    Neuropsychologische Testbatterie für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern - Kindergartenversion für Kinder von 4 bis 5 Jahren
    ZAREKI-R (2006) Michael G. von Aster, Monika Weinhold-Zulauf, Ralf Horn:
    Neuropsychologische Testbatterie für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern
    RZD 2-6 (2006) Claus Jacobs, Franz Petermann: Rechenfertigkeiten- und Zahlenverarbeitungsdiagnostikum für die 2. bis 6. Klasse.
    ERT 1+ (2007) Der Eggenberger Rechentest nach Schaupp, Holzer, Lennart erfasst mathematische Fähigkeiten bei Grundschulkindern Ende der ersten Schulstufe bis Mitte der zweiten Schulstufe.
    TEDI-MATH (2009) Liane Kaufmann, Hans-Christoph Nuerk, Martina Graf, Kelga Krinziger, MargareteDelazer, KLaus Willmes: Test zur Erfassung numerisch-rechnerischer Fertigkeiten vom Kindergarten bis zur 3. KLasse.

Rechenstörungen lassen sich bestimmten Entwicklungsstufen mathematischen Denkens zuordnen

So kann auf der ersten Stufe im Aufbau und im Verinnerlichen mathematischer Operationen das konkrete Handeln mit Gegenständen ebenso durch Schwächen im Bereich der visuellen Gliederung oder des Zähl- und Zahlbegriffs beeinträchtigt sein, wie auch durch mangelnde Einsicht in das dekadische Positionssystem und in die Darstellung im Zahlenraum, und/oder durch mangelhafte Beherrschung der Operationen, die zum Aufbau neuer Rechenoperationen erforderlich sind.
Auf der zweiten Stufe kann die bildliche Darstellung mit Zeichen und Symbolen erschwert sein durch eine visuelle Wahrnehmungsschwäche, eine Schwäche der visuellen Vorstellung, ein nicht ausreichendes Kurzzeitgedächtnis und/oder eine allgemeine Speicherschwäche.
Die Darstellung und Umsetzung mathematischer Operationen mit Hilfe von Ziffern und Zeichen (Stufe III) kann durch eine allgemeine Abstraktionsschwäche beeinträchtigt sein.
Bei der Automatisierung und Anwendung mathematischer Operationen (Stufe IV) führen ein vermindertes Sprachverständnis, eine Verknüpfungsschwäche oder Schwächen in der Raumerfassung zu Problemen.
Möglich sind ferner weitere Beeinträchtigungen aus dem Bereich des sozialen Umfeldes, Besonderheiten, die im Bereich der Persönlichkeit des Kindes oder des Lehrers liegen und schließlich Störungen, deren Ursachen in der Methodik des Unterrichts liegen.
Die in der Diagnostik und Differentialdiagnostik gewonnenen Erkenntnisse und Befunde werden nach Auswertung zusammenfassend bewertet und enthalten differenzierte Hinweise zur weiteren Behandlungsplanung.

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